Ich stehe in der Klamottenabteilung und schiebe
ein paar Kleiderbügel mit T-Shirts hin und her. Hübsche Teilchen sind dabei,
ich hab Lust, was Frisches für den Frühling zu ergattern. Ein paar Meter weiter
steht eine Dame, sie ist vielleicht Mitte 40 und sie dreht sich vor dem Spiegel
hin und her, sie beäugt sich ziemlich kritisch. Neben ihr tippelt eine
kompetent aussehende Fachverkäuferin auf und ab und sie sagt das trägt man
jetzt so. Und die Dame zupft an dem mintfarbenen Oberteil, zieht den Stoff
an der Taille mit spitzen Fingern auseinander, versucht, die Bluse in die Länge
zu ziehen, über die Hüfte, aber es kann nicht funktionieren. Und sie sagt, naja,
ich weiß nicht. Aber wenn man das jetzt so trägt. Und die Verkäuferin sagt,
ja, das ist jetzt Trend im Frühjahr.
Zwei Minuten später kauft die Dame
das mintfarbene Bonbonteil, das ihren Teint unglaublich fahl macht und sie hat
bestimmt seit 5 Minuten nicht einmal gelächelt. Sie blättert 40€ auf den
Kassentisch. Und ich verlasse das Kaufhaus, sehe, dass der Pelzladen an der
Ecke dicht gemacht hat und denke den ganzen restlichen Tag darüber nach, woher
Trends eigentlich kommen.
Ich hab so ein Bild im Kopf, ein Bild von Trends, von dem
ich selber weiß, dass es in höchstem Maße albern ist: Es gibt da eine große Maschine,
schwer und massiv aus silberfarbenem Metall. In der Maschine brodelt es, es
rattert und zischt. Die Maschine generiert den neusten Trend. Alle paar Monate
oder sogar Wochen spuckt sie einen aus. Den Frühjahrstrend. Den Farbentrend.
Den Schuhtrend und auch den Tapetentrend. Oben auf der Maschine öffnet sich
dann eine große Klappe und der Trend springt raus: In Form einer großen,
kunterbunten Kugel, die dann losrollt. Sie rollt durch die Straßen und auf
einmal laufen alle Menschen dieser Kugel nach, sobald sie den Trend entdeckt
haben. Sie laufen dem Trend hinterher.
Das ist natürlich Quatsch, das weiß ich selbst.
Der Duden sagt mir, dass Synonyme für „Trend“ zum Beispiel Bewegung,
Entwicklung, Richtung sind. Oder Strömung, Welle.
Es gibt Designer, große, namenhafte Kreative, die Einfluss
auf Trends haben und diese Trends mitgestalten. Modeschöpfer kreieren zum
Beispiel Klamotten für den Laufsteg. Vielleicht benutzen sie dafür sogar die
Farbpalette, die ein riesiges Farbkommunikations-Unternehmen erstellt hat. Und
die Klamotten werden dann wieder angepasst, verändert für Otto Normalbürger und
einer orientiert sich am anderen. Man trägt das jetzt so. So entstehen Wellen.
Es gibt Trendforscher, die voraussagen, was in 40 Jahren trendy sein wird, nicht
nur in der Mode, sondern in allen Lebensbereich. Und meistens haben sie damit
recht. Woher sie das wissen? Weil Trends von der Gesellschaft abhängen, von dir
und von mir, weil wir uns in unserem ganzen Lebensgefühl verändern.
Wenn ich
mich zum Beispiel an meine Schulzeit zurückerinnere, vor ca. 10 Jahren, da war
es absolut uncool, irgendwas Selbstgemachtes zu haben. Da war es uncool, sich
zum Beispiel selbst Nieten auf die Jeans zu kleben – nein, das musste schon so
gekauft sein - oder sich Loopschals zu nähen, tss, wie ööko! Heute ist
das anders. Das ist zum Beispiel ein Trend. Der Trend zum Selbstgemachten.
Aber
woran liegt das und wie sollten Forscher das schon vor Jahren geahnt haben?
Menschen streben nach Veränderung, nach Verbesserung und Weiterentwicklung. Und
vielleicht, weil wir zum Beispiel durch die Medien und andere Faktoren
mitbekommen, dass die Müllberge immer größer werden und weil wir merken, dass
Dinge immer schneller kaputt gehen. Wir sehen Bilder von eingestürzten
Textilfabriken in Bangladesch und fragen uns auf einmal, wo unsere Klamotten
herkommen. In bestimmten Zeitabständen werden für bestimmte Dinge
sensibilisiert. Dann kommt eine Welle ins Rollen. Ein neuer Trend. Und wir
spüren frischen Wind, wir spüren Veränderung und springen auf den rollenden Zug
auf. Wir folgen den Trends, weil sie endlich Neues bringen, vielleicht
Besseres.
Wahrscheinlich hat die Dame deshalb auch das mintfarbene
Shirt gekauft, das ihr so gar nicht steht. Weil wir Trends manchmal vielleicht
auch ein bisschen blind folgen. Denn natürlich ist es auch schwer, sich nicht
von jeder Welle mitreißen zu lassen.